Im Wortlaut:

''Die berufliche Karriere eines jungen Menschen beginnt für uns nicht mit dem Abitur und muss nicht zwingend mit Studium und einem akademischen Abschluss ihre Fortsetzung finden!

Als CDU in Hessen betonen wir seit vielen Jahren aus tiefster Überzeugung stets die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung.

Und wir werden diese Botschaft immer und immer wieder setzen!

Denn wir stehen gesamtgesellschaftlich in der Verantwortung zu verdeutlichen, dass unser Arbeitsmarkt sowohl beruflich Qualifizierte als auch Akademiker benötigt und kein Ausbildungsweg einen höheren Stellenwert hat als ein anderer.

Dies ist gerade auch im Sinne unserer mittelständisch geprägten Wirtschaft von besonderer Bedeutung. Wir erleben doch immer wieder bei Gesprächen in unseren Wahlkreisen, dass Auszubildende dringend gesucht werden, aber das Interesse junger Menschen an einer dualen Berufsausbildung eher zurückgeht oder der Wunsch nach einem Studium häufig stärker ausgeprägt ist.

Die sich verändernde Arbeitswelt mit der zunehmenden Bedeutung des lebenslangen Lernens, den Auswirkungen der Digitalisierung und nicht zuletzt auch durch den demographischen Wandel erfordert von uns als Politik ein stetiges Arbeiten an den von uns zu beeinflussenden Angeboten, um jungen Menschen einen möglichst guten und passgenauen Einstieg in die Berufswelt zu ermöglichen.
Und im weiteren Verlauf je nach Erfordernissen und Wünschen Fort- und Weiterbildungen wahrnehmen zu können.
In vergangenen Debatten in diesem Hause haben wir uns ja bereits über die notwendige und weiter zunehmende Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung ausgetauscht, über die Vorzüge des dualen Studiums oder aber auch über die Frage, wie junge Menschen Orientierung finden, wenn die Erwartungen eines begonnenen Studiums doch nicht erfüllt werden und möglicherweise ein Studienabbruch und ein Umstieg aus dem akademischen in das berufliche Bildungssystem angezeigt wäre - eine Aufgabe, der sich unsere Hochschulen gemeinsam mit den Kammern stellen.

Und nicht zuletzt muss uns auch immer wieder die Frage der Gewinnung von Fachkräften sowie der aktuell bereits bestehende Fachkräftemangel beschäftigen. Dieser stellt leider eine zunehmende Belastung dar, führt zu sinkenden Wachstumspotenzialen sowie zu Hemmnissen für Innovationen und Investitionen.

Meine Damen und Herren!

Gerade im Sinne junger Menschen und ihrer Eltern ist es wichtig, immer wieder zu verdeutlichen, dass attraktive Zukunftsperspektiven und Weiterentwicklungsmöglichkeiten mittlerweile so vielfältig sind, dass ein erfolgreicher beruflicher Werdegang eben nicht allein davon abhängt, ob das Abitur erreicht wird.
Mitunter ist ein mittlerer Bildungsabschluss mit anschließender dualer Berufsausbildung für einen jungen Menschen der bessere Weg, gerade auch im Sinne persönlicher Zufriedenheit.

Für mich - und ich denke es geht hier vielen Kolleginnen und Kollegen so - ist es ein Ärgernis, dass in öffentlichen Debatten und Veröffentlichungen in Medien oftmals der Eindruck erweckt wird, das Abitur wäre der einzig erstrebenswerte Abschluss der Schulkarriere und dann sollte es möglichst in ein Studium gehen.

Es ist nach meiner festen Überzeugung die Aufgabe von verantwortungsvoller Politik, in der gesamtgesellschaftlichen Debatte stets die Grundbotschaft der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung zu setzen!

Und außerdem Rahmenbedingungen zu erhalten oder weiterzuentwickeln, die jungen Menschen eine Vielzahl von Einstiegspunkten bieten, um eine berufliche Karriere zu starten, welche im weiteren Verlauf attraktive Weiterentwicklungsmöglichkeiten bereithält. Nicht als Zwang, aber als Chance während der Bildungs- und Berufskarriere.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Zu den bisher gesetzten Rahmenbedingungen gehört der seit dem Wintersemester 2016/17 laufende Modellversuch, dass beruflich Qualifizierte mit mittlerem Schulabschluss und qualifiziertem Abschluss einer mindestens dreijährigen anerkannten Berufsausbildung sowie einer Abschlussnote von 2,5 oder besser einen prüfungsfreien Zugang zu unseren staatlichen Hochschulen erhalten.

Und dieser Modellversuch hat sich bewährt! Wir reden hier noch nicht von tausenden von Personen, die bisher das Angebot genutzt haben.

Aber der Zuspruch in dem noch überschaubaren Zeitraum des Modellversuchs ist ein Beispiel für das Ergreifen von richtigen Maßnahmen durch die Politik.

Die erfolgreiche Zwischenbilanz des zunächst bis 2021 laufenden Modellversuchs zum Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte setzen wir deshalb bewusst in den Mittelpunkt der Debatte am Mittwochmorgen dieser Plenarrunde.

Wir freuen uns darüber, dass sich im Wintersemester 2017/2018 insgesamt 235 junge Menschen dazu entschlossen haben, ihren Ausbildungsweg nach einer erfolgreich abgeschlossenen dualen Ausbildung an einer hessischen Hochschule fortzusetzen und ihr Wissen und Können weiter zu vertiefen oder auch neue Wege zu beschreiten.

Für alle junge Menschen in unserem Bundesland, die sich für eine duale Ausbildung entscheiden, bedeutet dies:
Ein solider Haupt- oder Realschulabschluss und eine erfolgreiche berufliche Ausbildung in Hessen müssen nicht der Abschluss des Bildungsweges sein. Nein, ein solcher Weg kann Ausgangspunkt weiterer Schritte sein, sei es zu einem Meisterbrief oder bei uns in Hessen eben auch zu einem Studium.

Und ich betone es an dieser Stelle erneut: Berufliche und akademische Ausbildung haben für uns den gleichen Stellenwert und dieser Leitsatz prägt auch unsere Politik seit vielen Jahren in der Verantwortung für unser Bundesland Hessen.

Bereits 2005 haben wir für Absolventen der Meisterprüfung und 2010 für vergleichbare Abschlüsse der beruflichen Aufstiegsfortbildung eine Möglichkeit zum Studium an den hessischen Hochschulen geschaffen.

Mit der Novelle des Hessischen Hochschulgesetzes im Jahr 2015 haben wir den Weg zu dem heute thematisierten Modellversuch eröffnet. Wir leisten auf diese Weise einen weiteren Beitrag dazu, Stoppschilder zwischen den Bildungswegen abzubauen.

Ich darf aber auch daran erinnern, dass wir parallel die Attraktivität der beruflichen Bildung für Abiturienten, Studienabsolventen wie -abbrechern durch gemeinsame Initiativen mit den Industrie- und Handelskammern sowie dem Handwerk in Hessen steigern. Auch die Berufs- und Studienorientierung in den Schulen verbessern wir kontinuierlich zusammen mit den relevanten Akteuren. Ein Beispiel hierfür sind die Anstrengungen der Partner im Rahmen des ‚Bündnisses Ausbildung Hessen 2015 - 2019‘.

Sie haben sich zum Ziel gesetzt, den Übergang von der Schule in den Beruf so zu gestalten, dass junge Menschen zügig und entsprechend ihren Interessen und Kompetenzen in eine berufliche Ausbildung vermittelt werden können.

Aber - und das will ich gegen Ende meiner Rede deutlich betonen - es ist auch weiterhin Aufgabe der Eltern, ihre Kinder nicht einseitig auf bestimmte Bildungswege festzulegen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Dass der Modellversuch zum Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte schon heute als großer Erfolg bewertet werden kann, hängt maßgeblich mit den Institutionen und Partnern zusammen, die Hand in Hand dafür arbeiten, im Interesse junger Menschen qualitativ hochwertige Bildungsgänge anzubieten.

Zuvorderst sind hier unsere hessischen Hochschulen zu nennen. Mit Orientierungsphasen, Brückenkursen vor Aufnahme des Studiums, Beratungsangeboten, Lerngruppen, familiengerechten Strukturen und beispielsweise flexiblen Zeitformaten wird noch stärker als bisher auf die Bedürfnisse der Studierenden eingegangen. Zum Modellversuch gehören als Partner aber auch die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern und der Deutsche Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen. Für dieses Engagement gilt es von dieser Stelle auch ausdrücklich zu danken.

Wir wünschen den jungen Menschen die aktuell und in den kommenden Semestern die eröffnete Möglichkeit eines Hochschulstudiums über den Modellversuch nutzen, einen erfolgreichen Abschluss und danach eine weiter erfolgreiche berufliche Entwicklung.

Nicht zuletzt werden die erfolgreichen Absolventen im Rahmen des Modellversuchs zukünftig als Botschafter dienen können, um jungen Menschen die Entscheidung zu erleichtern, nach dem Abschluss etwa in der zehnten Klasse sich für eine duale Ausbildung zu entscheiden.

Ich komme zum Schluss und will nochmals betonen:
Die gesellschaftliche Anerkennung von Bildungs-wegen beginnt für uns nicht erst mit Abitur, Masterabschluss und Doktortitel. Es muss in unserer Gesellschaft noch viel deutlicher hervorgehoben werden, dass das Berufsleben eines jungen Menschen nicht zwangsläufig mit Abitur und anschließendem Studium seinen Lauf nehmen muss.

Denn sowohl berufliche als auch akademische Ausbildung eröffnen attraktive Zukunftsperspektiven und Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Und beides ist für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg unseres Landes von enormer Bedeutung. Für diese Wertschätzung werben wir dauerhaft.

Daher werden wir uns weiterhin für die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung einsetzen und das ausdrücklich nicht nur in eine Richtung. Dafür stehen wir als CDU in Hessen mit voller Überzeugung ein.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!''

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